Dr. Ernst Klingmüller
Der am 10.05.2006 verstorbene Kölner Universitätsprofessor und Gründungsvorsitzende der GAIR, Dr. Ernst Klingmüller, hat letztwillig die Klingmüller-Stiftung errichtet.
Der Zweck der Stiftung ist aufgrund ihrer Satzung die Förderung der Forschung auf dem Gebiet des Rechts in den islamischen Staaten. Gefördert werden können Dissertationen oder Magisterarbeiten über klassisches islamisches Recht, das Recht der orientalischen Staaten (basierend auf welcher Quelle auch immer), Rechtsfragen in den Staaten, in denen aufgrund interpersonaler Rechtsspaltung für Muslime islamisch geprägtes Recht gilt sowie Entwicklungen im Hinblick auf die Rechtsstellung von Muslimen in der westlichen Welt.
Der Stiftungszweck soll verwirklicht werden z.B. durch Druckkostenzuschüsse, durch die Bezuschussung von Forschungsreisen oder die Gewährung von zeitlich begrenzten monatlichen Stipendien für einen Zeitraum von maximal zwei Jahren.
Die Stiftung ist als gemeinnützig anerkannt und wurde unter der Nr. 06/83 am 12.04.2007 in das Stiftungsverzeichnis des Landes Nordrhein-Westfalen eingetragen. Das Stiftungsvermögen wird vom Notariat Dr. Ralf Tönnies (Köln) verwaltet.
Für nähere Informationen und Anträge auf Förderung wenden Sie sich bitte an
Prof. Dr. Irene Schneider
Seminar für Arabistik / Islamwissenschaft
Heinrich-Düker-Weg 14
KWZ, 37073 Göttingen
Tel.: +49–5513929493
E-Mail: ischnei@gwdg.de
Nachruf auf Ernst Klingmüller (1914 — 2006)
Der erste Erste Vorsitzende der Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht, Professor Dr. Ernst Klingmüller, Oberlandesgerichtsrat a.D. und Honorarprofessor an der Universität Karlsruhe, ist am späten Nachmittag des 10.5.2006 in seinem Haus in Köln nach kurzer Krankheit verstorben. Er wurde am 18.5.2006 auf dem Friedhof in Köln-Rodenkirchen beigesetzt.
Ernst Klingmüller, geboren in Berlin am 29.9.1914, war einer der wenigen deutschen Juristen, die auch Islamwissenschaft studiert hatten. Er besaß gründliche Kenntnisse im Arabischen, Hebräischen und Syrischen. Bereits als Primaner hat er begonnen, Arabisch zu lernen. Er studierte dann an der Universität Berlin Rechtswissenschaft und Orientalistik und wurde bereits 1936 im Alter von nur 22 Jahren in Berlin zum Dr. phil. mit einer Dissertation über Die Geschichte der Wafd-Partei promoviert. Sein Doktorvater war der bedeutende Orientalist Richard Hartmann (1881 — 1965). Ernst Klingmüller war danach bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges Referent für die arabische Welt im Forschungsamt des Reichsluftfahrtministeriums. Zu jener Zeit habilitierte er sich nebenher 1943 an der Auslandswissenschaftlichen Fakultät der Universität Berlin mit einer völkerrechtlich-politikwissenschaftlichen Arbeit über Die Korrespondenz zwischen Sir Henry McMahon und dem Scherifen von Mekka, Husain. Ende des Jahres 1944 wurde er an der Berliner Universität zum Privatdozenten ernannt.Ein Manuskript dieser ihm in den Wirren des Kriegsendes 1945 verloren gegangenen Arbeit hat die Berliner Islamhistorikerin Dr. Ludmilla Hanisch vor rund vier Jahren (2002) auf meine Bitte in einem Berliner Archiv ermittelt, so dass ich ihm dann zu seiner nicht geringen Überraschung eine Kopie überreichen konnte.
Zum 1.10.1961 wurde Klingmüller als ordentlicher Professor für Versicherungsrecht, Bürgerliches Recht und Handelsrecht an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln berufen und nahm im Wintersemester 1961/62 seine Lehr– und Forschungstätigkeit auf. Neben seinen üblichen Lehrverpflichtungen auf den einschlägigen Gebieten des deutschen Rechts begann er bereits in seinem ersten Kölner Semester mit Vorlesungen und Seminaren auf dem Gebiet des islamischen Rechts. Er setzte diese Aktivitäten dann gemeinsam mit seinem Jahrgangskollegen Erwin Gräf (1914 — 1976), dem damaligen Direktor des Kölner Orientalischen Seminars, bis zu dessen frühem Tod fort. Danach hielt er Lehrveranstaltungen über islamisches Recht mit dem Gräf-Schüler Abdoldjawad Falaturi (1926 — 1996) auch über seine Emeritierung im Jahre 1982 hinaus. Hinzu kamen umfangreiche Gastvorlesungen u.a. in einer Reihe an nah– und mittelöstlichen Universitäten, die er teilweise auf Arabisch hielt.
Bis zum Jahre 1995 hat er regelmäßig über Probleme des islamischen Rechts publiziert. Dies umfasst u.a. Veröffentlichungen über den Legalitätsgedanken im islamischen Recht (1962), über die Entstehung und Wandlung rechtlicher Traditionen im islamischen Recht (1980), Die frühislamischen Bibliotheken und die Jurisprudenz (1985) bis hin zur Bewertung der Fertilisation im islamischen Recht (1995). Der Schwerpunkt seiner Veröffentlichungen lag — für einen Versicherungsrechtler selbstverständlich — im Bereich des Verhältnisses der Sharî’a zum Institut der Versicherung, worüber er sich in mehreren Beiträgen (1957, 1958, 1967 und 1986) geäußert hat. Insoweit stand er in der Tradition des großen italienischen Islamwissenschaftlers Carlo Alfonso Nallino (1872 — 1938).
Auf der Gründungsversammlung der Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht am 24.10.1997 in Bonn wurde er zum Ersten Vorsitzenden unserer Gesellschaft gewählt und hat sie vier Jahre mit Engagement und großer Freude geleitet. Von 2001 bis 2003 war er anschließend Vorsitzender des Kuratoriums der GAIR.
Der Tod Professors Klingmüller reißt eine große Lücke. Er hat, wie in der von ihm selbst formulierten Todesanzeige zu lesen ist, „ein langes, turbulentes Leben voller Mühe und Arbeit, jedoch auch voller Lebensfreude und großer Vitalität“ geführt. Professor Klingmüller hat sich um die Universität zu Köln und deren Rechtswissenschaftliche Fakultät in Forschung und Lehre sowie um die Erforschung des islamischen Rechts in Deutschland große Verdienste erworben. Wir nehmen in tiefer Trauer Abschied von einem besonderes liebenswürdigen und tatkräftigen Menschen und ideenreichen Gelehrten.
Einzelheiten über sein Leben und Werk können in der Laudatio von Krüger, Ernst Klingmüller zum 85. Geburtstag, in Ebert (Hrsg.), Beiträge zum Islamischen Recht, Frankfurt (Verlag Peter Lang) 2000, 11 — 23, und in dem Festheft „Professor Dr. Ernst Klingmüller zum 90. Geburtstag am 29.9.2004 — Grußworte und Ansprachen“, Karlsruhe (Verlag Versicherungswirtschaft) 2004, nachgelesen werden.
Prof. Dr. Hilmar Krüger, Universität zu Köln